Atemübungen zur Entspannung

Jeder weiß, dass Entspannung etwas mit der Atmung zu tun hat. Aber was genau macht diese magische Beziehung zwischen den beiden aus? Du musst kein Meister sein, um die richtigen Atem- und Entspannungstechniken zu erlernen. Wir erklären dir in diesem Artikel die Anatomie dahinter und zeigen dir, wie du dich mit diesem Wissen richtig entspannen kannst. Du wirst überrascht sein, wie einfach die Techniken in deinem täglichen Leben anzuwenden sind!
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Einführung

Jeder Organismus reagiert auf seine Umweltbedingungen. Als Menschen reagieren wir einzigartig auf alles, was wir durchmachen – auf jeden Aspekt unseres Lebens. Wir alle wissen, dass Stress eine körperliche Reaktion sein kann und sich stark auf unser Wohlbefinden auswirkt. Wenn wir nach Entspannung streben, suchen wir nach der stressfreien Zone, die unser Hormon- und Nervensystem zusammen mit unserem mentalen Wohlbefinden einschließt. Selbst unsere Muskeln und Knochen können anzeigen, dass wir gestresst sind. Wenn wir zum Beispiel Schmerzen haben, können sich Beschwerden oder Unbehagen in unseren Gelenken oder Sehnen manifestieren. In diesem Artikel lernst du einige Atemübungen kennen, die dir helfen werden deinen Stress zu lindern und dich in die stressfreie Zone führen! Warum ist die Veränderung unserer Atemübung besonders effektiv? Erfordert sie viel Wissen und “Kontrolle”? Lass uns gemeinsam die Antworten entdecken!

Was bedeutet es wirklich, entspannt zu sein? Beginnen wir damit, zu hinterfragen, wie es aussieht, nicht entspannt zu sein, indem wir zunächst Stress definieren. Die eigentliche Definition von Stress ist Druck oder Spannung, die auf ein Objekt ausgeübt wird. Spielknete zum Beispiel verändert ihre Form je nach ausgeübter Kraft. Auch wir Menschen sind verformbar. Wir bewegen uns, wir brechen, wir verändern uns. Wir können Stress in verschiedenen Formen erleben und unsere Reaktionen auf diesen Stress können sich ebenfalls verändern. Vielleicht werden wir manchmal dazu bewegt, eine Aufgabe oder ein Projekt zu beenden, um unseren Stress zu reduzieren. Oder vielleicht ist der Druck zu groß und wir müssen uns Hilfe holen. Unser Nervensystem ist ein grundlegender Teil der Erzeugung, Regulierung und Ausführung von Reaktionen auf unsere äußere Welt. Wenn wir das Nervensystem besser kennenlernen, sind wir besser gerüstet, um unsere Reaktion auf Stress in besonders schwierigen Momenten zu regulieren. 

Die Funktion unserer Körpersysteme ist stark von unserer Atmung abhängig. Einer der schnellsten Wege, die Gesundheit unseres Körpers zu überprüfen, ist, auf unseren Atem zu achten. Unser Atemmuster kann sich ändern, wenn wir eine Gefahr oder ein Risiko wahrnehmen, vielleicht beginnen wir schneller zu atmen oder es fällt uns schwer, den Atem anzuhalten. Es ist unser Nervensystem, das einen Moment der Unruhe identifiziert. Wenn wir regelmäßiger atmen, interpretiert unser Nervensystem, dass alles in Ordnung ist. Wenn wir unsere Atmung regulieren, können wir unserem Nervensystem suggerieren, dass alles in Ordnung ist und uns Raum geben, um ein Gefühl der Ruhe zu erschaffen. 

Nachdem wir nun verstanden haben, warum die Atmung so wichtig für unseren Körper ist und wie unser Atem unsere Gedanken und Gefühle beeinflussen kann, wollen wir uns einige Atemübungen ansehen. 

Richtiges Atmen

Bevor wir in die Details der vielen verschiedenen Atemtechniken einsteigen, lass uns die effektivste Art der Atmung festlegen. Die Aufrechterhaltung einer effektiven Atmung ist essentiell, um die Atemtechniken, die wir später beschreiben werden, richtig zu praktizieren. Wenn es nicht ausdrücklich notwendig ist, sollte die Atmung immer durch die Nase erfolgen. Unsere Nase ist ein spezielles Organ, das dazu dient, die Luft, die wir ein- und ausatmen, zu filtern und zu befeuchten. Die Luft außerhalb unserer Lunge ist viel trockener und mit Partikeln und Organismen wie Staub, Bakterien, Pollen und mehr angereichert. Die Schleimschicht im Inneren unserer Nase hilft, Verstopfungen zu verhindern und das Risiko von Infektionen zu verringern. Atemübungen und achtsames Atmen halten unsere Atemwege sauberer und gesünder und können auf lange Sicht unangenehme Symptome und allergische Reaktionen reduzieren.  

Der zweitwichtigste Teil des Körpers, der an unserem Atmungsprozess beteiligt ist, ist das Zwerchfell. Wir hören oft den Ausdruck “Zwerchfellatmung”, was ein Missverständnis ist, da das Zwerchfell ständig im Einsatz ist wenn wir atmen, also kann es hier keine Unterscheidung geben. Unser Zwerchfell trennt die Lunge und den Bauchraum von anderen Organen. Wenn sich also die Lungenflügel mit Luft füllen, dehnt sich das Zwerchfell nach unten aus und drängt die Bauchmuskeln, sich seitlich auszudehnen. Wenn du tief genug einatmest und den unteren Teil deiner Lungen effektiv nutzt, sollte sich dein Bauch weiter ausdehnen als dein Brustkorb. Diesen unteren Teil der Lunge zu nutzen, ist die Praxis der Atmung, die die Leute normalerweise als “Zwerchfellatmung” bezeichnen. Lass uns einige andere Möglichkeiten besprechen, wie du deine Lungen und Atemmuskeln besser spüren kannst, bevor wir zu den einzelnen Techniken übergehen.  

Versuche, dich mit leerem Bauch auf den Rücken zu legen, und versuche ihn bewusst zu entspannen. Verbinde dich mit deinem Bauch, deinen Rippen und deinem Brustbein. Achte auf den Bereich um deinen Bauchnabel herum, um zu sehen, ob dein Bauchbereich noch angespannt ist. Fällt es dir leicht, Finger in deinen Bauch zu drücken? Ein angespannter Bauch ist ein Indikator für einen gestressten Körper. Denke daran, dass wir dazu neigen, unsere Haltung zu schließen, um unsere inneren Organe zu schützen, wenn wir im Kampf- und Fluchtmodus sind! Wenn es sich hart anfühlt, ist das keine ungewöhnliche Erfahrung. Starte den Versuch, die Muskeln an der Stelle zu entspannen. Dazu kannst du deine Muskeln plötzlich anspannen, als ob dich jemand schlagen würde und sie dann schnell wieder entspannen. Versuche diese Methode ein paar Mal und lass sich deinen Bauch ausdehnen, sodass du Platz für die einströmende Luft hast. Beobachte, wie die Luft rein- und rausströmt, ohne zu versuchen, sie zu kontrollieren. Wenn du deinen Bauch entspannst, sagst du deinem Nervensystem, dass du nicht in Gefahr bist. Die Beruhigung des Nervensystems kann den Körper, den Geist und den emotionalen Zustand insgesamt entspannen.

Im nächsten Schritt beginne zu spüren, wie sich der Kontakt deines Körpers mit der Oberfläche, auf der du liegst, verschiebt oder verändert. Spürst du mehr Gewicht? Spürst du mehr Kontakt? Als letzten Schritt setze dich auf und bringe deine Hände zu den Seiten deines Brustkorbs. Versuche einzuatmen, deinen Brustkorb auszudehnen und deine Hände nach außen zu drücken – ohne deinen Bauch dabei anzuspannen. Das ist die Art von Bewegung, die wir beim Einatmen in unserem täglichen Leben erfahren wollen. Wenn wir diese kleinen Muskeln um die Rippen nicht benutzen, können sie mit der Zeit steifer und unbeweglicher werden, was unsere Fähigkeit, tiefere Atemzüge zu machen, reduziert. Ich versichere dir, dass sich dein Atemverhalten nach und nach verändern wird, wenn du jeden Tag übst. Schauen wir uns einige spezifische Formen der Atemübungen an.

Entspannende Atemtechniken

Spitze Lippenatmung

Diese Technik ist eine der lustigsten und einfachsten von allen. Oft fühlen wir uns in unserem Körper und unserer Atmung gehetzt. Das Hauptziel dieser speziellen Übung ist es, die Dauer unserer Ein- und Ausatmung zu verlängern. Wenn wir das Tempo unseres Atems verlangsamen und die Atemzeit verlängern, können wir unsere Lungenkapazität verbessern, unseren Blutdruck senken und ein Gefühl der Ruhe erschaffen.

Um diese Technik auszuprobieren, setze dich an einen Ort, an dem du dich wohlfühlst. Achte darauf, dass du deinen Nacken, deine Schultern und deinen Kiefer entspannst und einen normalen Atemzug durch die Nase mit geschlossenem Mund machst. Nun spitze deine Lippen, als ob du einen Ballon aufblasen möchtest und beginne langsam zwischen den Lippen auszuatmen. Indem wir die Lippen verengen, begrenzen wir die Menge an Luft, die wir ausstoßen können und verlangsamen so den Luftstrom auf natürliche Weise. Versuche dies mindestens vier bis fünf Mal hintereinander, um die Technik richtig hinzubekommen. Du kannst diese Übung täglich wiederholen und die Häufigkeit mit der Zeit erhöhen. Gewohnheiten entwickeln sich durch Beständigkeit. Um einen Moment, indem du dich angespannt oder verkrampft fühlst, zu bewältigen, kannst du diese Technik anwenden. Zum konsequenten üben und praktizieren, wähle jeden Tag die gleiche Zeit.

Box-Atmung

Die Box-Atmung ist eine effektive Atemregulierungstechnik. Der Grund, warum sie “Box-Atmung” genannt wird, ist, dass die Technik von uns fordert, dass wir für bestimmte Zählzeiten ein- und ausatmen, um die Form einer Box zu bilden. Wir atmen vier Zählzeiten ein, halten sie vier Zählzeiten, atmen vier Zählzeiten aus und halten sie vier Zählzeiten lang.  In diesem Artikel werde ich dir eine andere Art der Anwendung dieser Technik zeigen; sie wird deine Praxis vertiefen. Mach dir keine Sorgen! Auch wenn es anfangs verwirrend erscheinen mag, ist es eine einfache Übung, sobald du das Muster verinnerlicht hast. 

Die Grundlagen Atemübung sind:

  1. Nachdem du vollständig ausgeatmet hast, atme langsam ein und zähle dabei bis vier.
  2. Halte den Atem für weitere vier Zählzeiten an.
  3. Atme langsam aus, während du wieder bis vier zählst.
  4. Halte den Atem für weitere vier Zählzeiten an.

Der Atemzyklus sieht also wie folgt aus:

Box-Atmung


Du kannst damit beginnen, diese Sequenz vier bis fünf Mal auszuprobieren und die Wirkung auf dich zu beobachten. Du kannst die Anzahl der Wiederholungen immer so anpassen, wie es für dich am besten ist.

In der zweiten Version werden wir diese Box-Atmung schrittweise ausbauen, indem wir die folgenden Schritte beachten:

  1. Nachdem du vollständig ausgeatmet hast: atme ein, während du bis vier zählst und atme aus, während du wieder bis vier zählst. Wiederhole dies für drei Runden.
  2. Nun atme viermal ein, halte es viermal und atme viermal aus. Wiederhole dies ebenfalls für drei Runden. 
  3. Atme viermal ein und atme sofort wieder viermal aus, wobei du dieses Mal viermal am Ende der Ausatmung hältst. Wiederhole dies ebenfalls für drei Runden.  
  4. Mache zum Schluss eine Atemsequenz gemäß der ursprünglichen Box-Atmung und wiederhole sie dreimal.

Das Gesamtmuster dieser Sequenzen wird wie folgt aussehen:


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Abwechselnde Nasenlochatmung

Dies ist eine der alten yogischen “Pranayama” Techniken. Es heißt, dass wir zwei Energiekanäle namens “Ida” und “Pingala” haben, die unsere Wirbelsäule umgeben und von beiden Nasenlöchern ausgehen. Wenn wir also die beiden Seiten unserer Nase ausbalancieren, wird der Atem am Ende zwei Seiten unseres Körpers energetisch ausgleichen, ebenso wie die Qualitäten der dualen Energien repräsentiert werden. Die Hauptidee ist, Bewusstsein für die Balance zwischen den beiden Nasenlöchern zu schaffen und unseren Atem zu verlangsamen; damit bringen wir heilende Energien in die oberen Atemwege. 

Um zu beginnen, benutzt du rechten Daumen, Ring- und kleinen Finger. Mittel- und Zeigefinger kannst du entweder entspannt zur Handfläche hin belassen, oder, wenn du das “Mudra”-Symbol machen willst, kannst du sie anspitzen und leicht zwischen deine Augenbrauen drücken, während du atmest. 

  1. Setze dich in eine bequeme Position und lasse die gesamte Luft aus deinen Lungen entweichen. 
  2. Verschließe dein rechtes Nasenloch mit deinem Daumen und atme langsam aus dem linken Nasenloch ein. Beende die Einatmung, lasse den Daumen sanft los und drücke mit Ring- und kleinem Finger auf das linke Nasenloch.
  3. Atme durch das rechte Nasenloch aus und atme diesmal wieder durch das rechte Nasenloch ein.
  4. Nachdem du die Einatmung beendet hast, drücke sanft mit dem Daumen auf das rechte Nasenloch, öffne das linke Nasenloch und atme langsam aus. Dies ist ein kompletter Zyklus.

Als Anfänger musst du nicht zählen, während du ein- und ausatmest. Versuche diese Übung etwa zehnmal zu machen. Du kannst deine Augen schließen, wenn sich das für dich gut anfühlt. Mein Rat ist, diese Atmung später am Tag zu machen oder wenn du deinen Geist zur Ruhe bringen musst. Es hilft dabei, den Körper zu verlangsamen, den Geist zu kühlen und, was noch wichtiger ist, es schenkt das Bewusstsein für die zwei verschiedenen Seiten deines Atemwegs!

(PS: Wenn es für dich bequemer ist, die linke Hand zu benutzen, kannst du alles umkehren und von der Seite beginnen, die du möchtest).

4-7-8 Atmung

Diese Technik ist definitiv mein persönlicher Favorit, da sie mir hilft, meine schlaflosen Nächte von Zeit zu Zeit zu reduzieren. Grundsätzlich atmest du viermal ein, hältst den Atem siebenmal und atmest achtmal aus. Das Muster richtig hinzubekommen, kann bei den ersten paar Malen schwierig sein, aber mit Geduld und Übung wird dein Körper seinen natürlichen Rhythmus finden. Die Logik hinter dieser Technik ist, deinen Körper mit Sauerstoff zu sättigen und dich dazu zu bringen, tiefere Atemzüge in kürzerer Zeit zu machen. Die Verlängerung der Ausatmung, ähnlich wie bei der spitzen Lippenatmung, hilft, den Körper zu entspannen und den Geist zu beruhigen. Versuche diese Sequenz mindestens acht bis zehn Mal zu machen, um den Effekt vollständig zu erkennen. Wenn du vorhast, diese Technik zu nutzen, um besser einzuschlafen, versuche sie noch häufiger zu üben. Dann kannst du leichter feststellen, ob sie für dich funktioniert.  

Bonus: Anuloma Viloma

Eigentlich sind “Anuloma Viloma” und “Nadi Shodhana” uralte Namen für die Technik der Wechselatmung (Abwechselnde Nasenlochatmung). Meistens wird die “Anuloma Viloma“-Technik jedoch mit bestimmten Atemzählungen angewendet. Du kannst dir das als eine Kombination aus der abwechselnden Nasenlochatmung und der 4-7-8 Atmung (oder der Box-Atmung) von weiter oben vorstellen. Wenn du also nicht neu in den Atemübungen bist und es dich nicht verwirrt, kannst du versuchen, die Wechselatmung mit einer Einatmen-Halten-Ausatmen-Kombination anzuwenden, das einer 1:4:2 Sequenz folgt. Das heißt, wenn du zwei Zählzeiten einatmest, solltest du sie acht Zählzeiten lang halten und vier Zählzeiten lang ausatmen. So sieht die Sequenz aus:

  1. Drücke mit dem rechten Daumen sanft auf dein rechtes Nasenloch und atme durch das linke Nasenloch für zwei Zählzeiten ein. Mit oder ohne Schließen des linken Nasenlochs halte den Atem acht Zählzeiten lang an.
  2. Lasse den rechten Daumen los und atme vier Zählzeiten lang durch das rechte Nasenloch aus. Beginne wieder mit der Einatmung durch das rechte Nasenloch für zwei Zählzeiten.
  3. Halte den Atem achtmal an, lasse das linke Nasenloch los und atme viermal aus. Dies ist ein kompletter Zyklus.

Ein Grund, die Dauer des Haltens zu verlängern, ist, dass der Blutkreislauf den Sauerstoff mit maximaler Effizienz in alle Teile unseres Körpers transportieren kann. 

Wir hoffen, dass du die Gelegenheit hast, diese Techniken auszuprobieren und dass du sie ebenso hilfreich findest! Bitte teile deine Erfahrungen mit diesen Atemübungen mit uns wenn du magst. Hast du irgendwelche Verbesserungen bemerkt? Fühlst du dich entspannter und ruhiger?

Übersetzer: Robert Fabian

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